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18 Erstklässler feierten am vergangenen Samstag ihre Einschulung in der Oberkirche Unser Lieben Frauen in Burg. Die ersten Wochen werden sie noch in die Evangelische Grundschule auf Gut Lüben gehen. Dann, wenn der Umbau fertig ist, ziehen sie um ins neue Gebäude in der Schartauer Straße. Der Umzug in die neue Schule wird bei den Eltern und Lehrkräften und sicher auch bei den Kindern mit großen Erwartungen verbunden sein. Die neue Schule bietet viel Platz, alles ist neu, schöne helle Räume warten auf die Schülerinnen und Schüler. Ich wünsche der Evangelischen Grundschule von Herzen, dass der Umzug bald möglich sein wird und sich die Erwartungen erfüllen!



Wer schon einmal umgezogen ist, weiß auch: ich kann viel verändern, aber ich nehme mich auch selbst immer mit. Meine Fröhlichkeit und meinen Mut, meine offenen Fragen und meine ungelösten Probleme. Sicher, hier und da, kann eine äußere Veränderung auch auf mich im Innern wirken und neue Seiten in mir wachrufen. Und manche Schwierigkeiten können durch äußere Veränderungen besser gelöst werden. Aber wir selbst bleiben im Großen und Ganzen die, die wir sind. Da können wir einmal um die Welt ziehen, man wird uns doch wiedererkennen. Zum Glück, können wir wohl in den meisten Fällen fröhlich sagen.



Größere Bedeutung als das äußere Gebäude hat das geistliche Haus, in dem wir leben, für uns. Das geistliche Haus – was ist das? Das geistliche Haus ist ein Bild für die Räume, die zwischen uns entstehen und in denen wir uns begegnen. In welchem Geist sprechen wir miteinander und denken wir übereinander? Wie sehen wir uns und was sehen wir im andern? Das geistliche Haus kann helle und freundliche Räume haben, wo Menschen unvoreingenommen und wertschätzend miteinander umgehen. Das geistliche Haus kann aber auch enge und dunkle Räume haben, wo Menschen unter Drohungen leiden und ihre Seele bedrückt wird.



Die kleinste Hütte auf der Welt kann ein großes wunderbares geistliches Haus sein. Und der größte Palast kann zum armen geistlichen Haus werden. Von außen kann man es nicht sehen. Es kommt auf den Geist an.

Auch jede Schule ist ein geistliches Haus. Das wissen wir alle aus eigener Erfahrung. Bin ich gern in die Schule gegangen? Habe ich mich in meiner Schule wohl gefühlt? Habe ich Angst gehabt? Habe ich Zwang oder Motivation erlebt? Bei diesen Fragen denken wir gewöhnlich nicht an die schöne Fassade des Schulgebäudes und an die neue Turnhalle. Bei den Fragen nach unserer tiefsten inneren Einstellung zur eigenen Schulzeit denken wir sicher an Begegnungen mit den Lehrerinnen und Lehrern und an gemeinsame Erlebnisse mit Mitschülerinnen und Mitschülern, die uns geprägt haben. Ich vermute, bei den meisten von uns entsteht da ein sehr facettenreiches Bild. Dieses geistliche Haus hat viele Räume, viele Bilder, viele Etagen.

 



Und so ist nicht nur jede Schule ein geistliches Haus. Jede Gemeinschaft, ob Familie oder Kirchengemeinde und, und, und… öffnet Räume und lässt ein geistliches Haus entstehen. Der Apostel Paulus hat es so gesagt: Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? (1. Kor 3,17a)Die Situation, in der Paulus dieses Wort der Kirchengemeinde in Korinth geschrieben hat, war schwierig. In der Gemeinde, die er ja selbst gegründet hatte und an der sein Herz hing, war Streit ausgebrochen. Es ging bei diesem Streit um die Zukunft der Gemeinde. Die einen wollten in die eine Richtung, die anderen wollten eine andere Ausrichtung. Es ging um Grundsätze und Prinzipien, um das Miteinander und wer was zu sagen hat. Streit, wie er in den besten Familien vorkommt.

 



Das Bild vom geistlichen Haus, oder wie Paulus sagt, von Gottes Tempel, ist nun mit einem entscheidenden Gedanken verbunden. Paulus formuliert es so: Einen andern Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus. (1. Kor 3,11)

Wir können uns unser geistliches Haus mit vielen Räumen und Etagen denken. Und die können sehr unterschiedlich aussehen. Aber was wir auch immer tun, wir bauen auf ein Fundament auf, das schon da ist. Und dieses Fundament ist Jesus mit seiner Nächstenliebe und seinem Gottvertrauen. Jesus, der Liebe verschenkt hat ohne Gegenleistung zu erwarten. Jesus, der die Menschen nicht beurteilt hat nach dem, was sie getan haben. Jesus, der für seine Einstellung angefeindet wurde. Jesus, der sich in seiner größten Not Gott anvertraut hat. Jesus, dem der Weg zu einem neuen Leben aufgetan wurde.

Das darf unser Fundament sein. Darauf dürfen wir stehen und aufbauen. Das ist das A und O all dessen, was wir planen und als Gemeinschaft erleben möchten.

 



Und wenn wir auf diesem Fundament stehen, dann kann unser geistliches Haus nur ein Haus sein, wo diese Nächstenliebe und dieses Gottvertrauen zu spüren ist. Wo es nicht um Leistung und nicht um Urteile geht. Wo Anfeindungen auch ausgehalten werden, Kritik möglich ist und neue Wege ausprobiert werden.

Gerade wenn uns die Zimmer in unserem geistlichen Haus mal zu eng und zu dunkel werden, dürfen wir uns an dieses Fundament erinnern. Das Fundament ist stark, darauf können wir auch umbauen und neu bauen. Und wenn die Räume hell und fröhlich sind, dann sollten wir dem Fundament dankbar sein, dass es uns trägt und dafür sorgen, dass es nicht Risse bekommt.

Denn jedes Haus braucht ein gutes Fundament. Und einen andern Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.

 


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Anlässlich der Ausstellungseröffnung „Straße der Romanik. Auf den Spuren der Ottonischen Kaiser“ am 19. Juli 2020 in der St. Nicolaikirche zu Burg, sprach Dr. Joachim Scherrieble vom Landesverwaltungsamt zu den Besuchern des Gottesdienstes. Wir geben den Wortlaut seiner Rede, die er in gekürzter Fassung hielt, hier ungekürzt wieder und laden damit herzlich zur Ausstellung ein, die noch bis zum 8. September jeden Montag-Freitag, 15.00-17.00 Uhr, geöffnet ist.